Liebe Mitglieder und Unterstützer der Piratenpartei,
in den letzten Tagen habe ich viel über die aktuelle Situation unserer Partei nachgedacht und möchte Euch heute über meine Entscheidung informieren. Die jüngsten Entwicklungen und Wahlergebnisse haben mich zutiefst betroffen gemacht. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, von meinem Amt als Vorsitzender der Piratenpartei Nordrhein-Westfalen zurückzutreten. Ebenso werde ich meine Mitgliedschaft in der Piratenpartei Deutschland überdenken.
Dieser Entschluss hat sich eigentlich schon seit dem Bundesparteitag 23.2 in Hamburg abgezeichnet. Ursprünglich bin ich der Partei beigetreten, um mich für Bildungs- und Sozialthemen starkzumachen. Stattdessen musste ich feststellen, dass man für das Vertreten linker und linksliberaler Positionen in der Minderheit ist. Das Thema Digitales dominiert alles, und es scheint, als würde man glauben, damit alle großen Probleme unserer Zeit lösen zu können. Die Piratenpartei ist nach meinem Gefühl wieder zu einer Ein-Themen-Partei geworden. Wichtige Bildungsthemen wurden auf dem Bundesparteitag in Hamburg blockiert, was mich zutiefst enttäuscht hat.
Mit der Politik, die ich betreiben möchte, fühle ich mich immer mehr allein. Viele meiner Weggefährten wie Fabian Holtappels, Mika Gertenbach, Jannis Petersmann und Mark Hintz haben die Partei bereits verlassen. Ihr, die verbleibenden Unterstützer, seid mir geblieben, aber ich habe keine Kraft mehr, diesen Weg weiterzugehen.
Ich habe mich verpflichtet gefühlt, als Kandidat alles zu geben und auch im Landesvorstand mein Bestes zu tun. Doch nun bin ich am Ende meiner Kräfte. Ich sehe mich nicht mehr in der Lage, den Herausforderungen zu begegnen, die auf uns zukommen, und möchte mich nicht weiter für das Verhalten anderer rechtfertigen müssen. Auch meine mentale Gesundheit hat in dieser Zeit stark gelitten.
Meine politische Arbeit endet damit jedoch nicht. Ich werde weiterhin für Euch da sein und bin immer für bildungspolitische Themen erreichbar. Aber ich habe erkannt, dass ich die Piratenpartei Deutschland diese Tätigkeiten sogar bedingt in ihrer Umsetzung behindert.
Abschließend möchte ich sagen, dass Ihr großartige Menschen seid. Ohne Euch, insbesondere Ysann und wako, wäre vieles schon früher zusammengebrochen. Ich schulde Euch Dank dafür, dass Ihr da wart, als der Gegenwind am stärksten war, und dass man immer auf Euch zählen konnte.
Es tut mir leid, dass ich Euch mit der schweren Aufgabe, die nun vor Euch liegt, allein lasse.
Danke für alles.
Sven
Hallo Sven,
Vielen Dank für deine ehrlichen Worte und deinen offenen Umgang mit dem Thema. Ich denke, dass es vielen Menschen in der Partei ebenfalls so geht. Wir schaffen es bisher nicht, die persönlichen Angriffe auf Mitglieder zu unterbinden oder auch nur zu sanktionieren. Allerdings erkenne ich den Willen bei uns Piraten, endlich durchzugreifen und Maßnahmen wie den Ausschluss von Mitgliedern, in den AGs und notfalls auch per PAV, durchzusetzen.
Ich danke dir auch für deine Arbeit in Vorstand in den letzten Jahren. Du warst immer ein verlässlicher und kompetenter Ansprechpartner für uns. Ich hoffe inständig, dass du den Piraten erhalten bleibst. Für mich war 2014 der Punkt, an dem ich zurückgetreten bin, weil ich die Streiterei und den Umgang miteinander nicht mehr mitverantworten konnte. Wir haben in diesem Punkt eine ähnliche Geschichte. Allerdings habe ich in den Jahren darauf gemerkt, dass ich auch nicht tatenlos zusehen kann, wie alles den Bach runtergeht. Vermutlich geht es dir da ähnlich. Nimm dir, wie ich damals, eine Auszeit und überlege dir, ob es nicht doch noch genug Piraten gibt, mit denen es sich eine Zusammenarbeit lohnt. Vielleicht erstmal in kleinem Kreis. Ich habe die Frage damals für mich mit Ja beantwortet und hier bin ich heute immer noch. Oder schon wieder? Jedenfalls habe ich immer noch die Hoffnung, dass sich alles zum Besseren wenden könnte wenn wird.
Vielen Dank und alles Gute,
Heiko
Es ist halt schade aber zur Zeit nicht zu ändern, dass Deine Betroffenheit über die Lage der Gesellschaft und damit auch unserer Partei Dich zu diesem Schritt geführt haben. Am Ende der eigenen Kräfte zu sein, ist keine Schande. Einerseits habe ich Dich als jemanden kennen gelernt mit dem ich gerne diskutiere und auf der Straße für politische Aufklärung sorge. Was ich mitbekommen habe fand ich sehr gut.
Andererseits verstehe ich Deine gesundheitlichen Gründe Dich zurück zu ziehen, sehr gut. Die Gesundheit geht einfach vor. Nachdem nun die extrem bindende Arbeit zur EU Wahl vorbei ist, ist es schade nicht auch Deinen Input zur politischen Arbeit mehr einbinden zu dürfen.
Vielleicht hast Du ja noch irgendwo etwas, oder jemand hat noch Deine Infos. Es wäre schade wenn Dein Input verloren ginge, nun da wir als Vorstand endlich wieder politische Arbeit koordinieren können. Es gibt zwar immer noch einiges an Aufräumarbeiten aber hierbei sehe ich endlich wieder mal Licht am Horizont.